Manuela Klöckner-Marseglia – 2024-02 fabianST11

ST/1, Version 2024, ist im Aufbau

Die Register sind fast komplett . warten auf bestellte Bogenhaare ...

5.4. Zeitfenster Köln. was geht . was geht nicht ?

14.4. Sonntagsvergnügen, technischer Aufbau . basteln an den Registern . Arco .


28.4. 10 Sequenzen . Überlegungen zum Umgang mit dem Material . Register, neue Idee für battuto hoch .


10.5. Hallo Alan, das ist der Plan, über den wir gestern gesprochen haben,
oben die life gespielten Sequenzen: 4, 2, 1, 9, 5, 8
unten ein Band bestehend aus 3, 10, 6, 7 das sich simultan ereignen soll.




Alan Fabian


«ST/1-1,02042015»
habe ich mit dem ersten europäischen Kompositionsprogramm (FSM, 1962) des Avantgarde-Komponisten Iannis Xenakis generiert.

Xenakis
gilt in der Musikgeschichte der Avantgarde-Musik (2. Hälfte des 20. Jahrhunderts) als einer der maßgeblichsten Komponisten. Er entwickelte in den 1950er Jahren eine ganz eigene Musikästhetik, die er ›stochastische Musik‹ nannte. Die damit einhergehende musikstochastische Produktionspraxis implementierte er 1962 im Computerprogramm mit dem Namen Free Stochastic Music (FSM) für die Computermaschinerie (IBM-7090/94) von IBM-France in Paris.

Nicht nur aufgrund veränderbarer Eingabedaten, sondern vor allem aufgrund der stochastischen Beschaffenheit gibt das Programm bei jeder Ausführung ein anderes Ergebnis - eine andere Komposition - aus. Und damit wird - so Xenakis - der Komponist zu einem Piloten, der ausgehend von Voreinstellungen (Eingabedaten) für das Computerprogramm einen musikstochastischen Raum, der in der musikalischen Umsetzung letztlich ein klanglicher Raum ist, durchfliegen kann: »[H]e [the composer-pilot] presses the buttons, introduces coordinates, and supervises the controls of a cosmic vessel sailing in the space of sound« (Xenakis1992, Formalized Music, S. 144).
Xenakis schreibt, dass eine Vielzahl an Kompositionen mit den unterschiedlichsten Orchestrierungen möglich ist, die wie die erste Komposition, die er mit diesem Programm erstellt hat (ST/10-1), klingen: »A large number of compositions of the same kind as ST/10-1, 080262 is possible for a large number of orchestral combinations. Other works have already been written: ST/48-1, 240162, for large orchestra, commissioned by RTF (France III); Atrées for ten soloists; and Morsima-Amorsima, for four soloists.« (Xenakis1992, S. 144)

Für meine Komposition ST/1-1,02042015
für einen präparierten Helpinstill-Flügel* mit digitaler Echtzeitzeitklangsynthese,
habe ich zusammen mit Manuela Klöckner für die Programmeingabe eine Instrumentation entwickelt, die das Klavier als Saiteninstrument einsetzt: Das Spiel auf den (un)präparierten Saiten umfasst von Pizzicato über Flageolett bis hin zu Arco und Battuto die verschiedensten avantgardistischen Spieltechniken. Die Komposition besteht aus 10 Teilen, den sogenannten ›Sequenzen‹. Da die große Dichte an Klangereignissen innerhalb einer einzelnen Sequenz in Echtzeit manuell nicht realisierbar ist, schichten wir diese mittels periodischer Aufnahme (in Echtzeit) und spielen, nachdem alle Sequenzen fertig geschichtet sind, die Sequenzen hintereinander ab: erst dann erklingt die Komposition vollständig und im Ganzen. Mit ST/1-1,02042015 stellen wir mit einer erklingenden Musik die Frage nach dem Autor in diesem computermusikalischen Zusammenhang: Wer ist hier letztlich der Komponist, wir oder/und Xenakis?


zum Instrument:
Der Kimball-Helpenstill Flügel
ist ein akustischer Stutzflügel mit Magnettonabnehmern. Der texanische Elektroniker Ezra Helpenstill entwickelte diese Tonabnehmer in den 70er Jahren zunächst in eigenem Interesse. Als Boogie / Jump Blues Pianist (Künstlername Ezra Charles) konnte er sich nur schwer gegen Bläsersätze und Schlagzeug durchsetzen. Beim damaligen Stand der Tontechnik kam eine Verstärkung mit Mikrofonen wegen der leicht auftretenden Rückkoppelungen und den daraus resultierenden Pfeifgeräuschen schnell an ihre Grenzen. Mit Tonabnehmern wie sie auch bei elektrischen Gitarren und Bässen verwendet werden, ließ sich das Problem lösen. Der so verstärkte Klang ist nahe am gewohnten Klavierklang, hat aber ähnlich wie es sich auch bei E-Gitarren im Vergleich zu akustischen verhält, einen eigenen Charakter.

Für die Realisation von ST/1 ist die Eigenschaft der Magnettonabnehmer, nur die Saitenschwingungen, nicht aber die akustischen Ereignisse im Umfeld zu übertragen, von entscheidender Bedeutung.


Alan Fabian,
Programmheft zu Harmonia / Konzert 26.7.2015 / Nürnberg, Kulturbüro Muggenhof / Werkstatt 141, auf AEG